der Tag danach
Montag, 08.07.2013, 6. Tag
Die Sonne scheint durchs Dachfenster. Wir haben hier auf dem Parkplatz am Preikestolen schön geschlafen. Es ist 8:00 Uhr als wir aufstehen und vor dem Mobil frühstücken. Heute haben wir einen „Reisetag“. Das heutige Ziel ist Flåm.
Flåm ist ein norwegischer Ort mit 450 Einwohnern am innersten Teil des Aurlandsfjord und gehört zur Kommune Aurland in der Provinz (Fylke) Sogn og Fjordane. Der Aurlandsfjord ist ein Teil des 204 km langen Sognefjord. Der Ort ist Endpunkt der Flåmsbahn und des historischen Rallarvegen der jetzt als Radweg genutzt wird. Neben Radfahren eignet sich die Region auch sehr gut für wandern und Kajak fahren.*
9:17 Uhr fahren wir ab. Vor uns liegen 260 Kilometer und 2 Fähren. Gestern Abend haben wir die Route im Navi geplant. Nun führt es uns sicher auf die Reichsstraße 13 in Richtung Odda.
Jøsenfjord
Wir kommen gut voran, das Wetter ist herrlich und die Straßen verdienen ihren Namen, denn hier ist die „Fernstraße“ glatt und gut ausgebaut.
Schilder kündigen es an: es geht über den Jøsenfjord bei Nesvik. In der Ferne sehen wir den Fähranleger und sind gespannt, wie teuer diesmal die Überfahrt wird.
Bezahlt wir an Board der Fähre. Ein junger Mann kommt auf uns zu.
„How Long ist your Car?“ – „oh – – – I think my Car ist … – maiby – … seven meter …„
Er sieht sich das Mobil an … dann mich … dann wieder zu Ende des Mobils …
„I think this is 7,50 m“ Sagt er ganz nebenbei und sieht auf seinen Bezahlkasten, den er am Gürtel befestigt hat.
„The Preis for this vihecle is 217“ „Yes„ höre ich mich sagen „7,5 m ist ok„.
Das ist die Zusage 217 NKR für die Überfahrt zu bezahlen, das sind etwa 30,- €.
Nach der Fährfahrt kommen wir an eine idyllische Bucht, an der wir uns entscheiden Mittag zu machen.
Wir bleiben auf der 13 und fahren an Fjorden entlang, durchfahren etliche Tunnel und sind nach wie vor von der Landschaft begeistert. Es geht an Wasserfällen vorbei, durch Kurven und es geht bergauf und bergab. Wir haben Glück, denn die Sonne scheint und lässt die Natur in ihrer ganzen Farbenfreude auf uns wirken.
Odda
In Odda biegen wir auf die 550 ab und fahren linksseitig des Sørfjord nach Norden.
Die Ortschaft Odda ist die heimliche Hauptstadt von Hardanger und liegt am inneren Ende des Sørfjords, eines sich tief in die 1200-1300 m hohe Bergwelt einschneidenden Seitenarms des Hardangerfjords, eingerahmt vom Folgefonna-Gletscher und den steilen Berghängen der Hardangervidda.*
Der anfangs kleine Fluss links der Straße wird mit jedem Kilometer breiter. Immer wieder füllt ein Wasserfall neues kühles Nass in den Fluss. Bald endet er im Hardangerfjord und wir müssen eine Fähre benutzen, um ihn zu überqueren. Sie fährt von Utne nach Kvanndal über den wunderschönen Hardangerfjord.
Der Hardangerfjord (norwegisch: Hardangerfjorden) ist ein etwa 170 Kilometer langer Fjord an der südwestlichen Atlantikküste Norwegens im Fylke Hordaland.*
Nach dem wir von der Fähre fahren geht es erst auf dem Riksvei 7 an einem Nebenarm des Fjords entlang, dann kommen wir wieder auf die „13“ und fahren in Richtung Voss.
Voss ist ein Ort und Name einer Kommune in Hordaland, Norwegen, ca. 100 km östlich von Bergen. Der Ort (Vossevangen) liegt am Vangsvatnet-See und hat ca. 7.000 Einwohner.*
Tunnel, Tunnel, Tunnel
Gleich nachdem man Voss verlässt ist ein herrlicher Wasserfall zu bewundern. Bald biegt die E16 rechts nach Flåm ab. Hinter Gudvangen kommen Tunnel. Mit Platzangst ist es besser diese Strecke zu meiden, denn diese Tunnel haben es in sich. Es ist zum einen der Gudvangentunnel und der Flenjatunnel.
Der Gudvangatunnel (norwegisch Gudvangatunnelen) ist ein Straßentunnel der Europastraße 16 zwischen Gudvangen und dem Dorf Undredal. Er wurde 1991 eröffnet und war bis zur Fertigstellung des Lærdalstunnels im Jahre 2000 Norwegens längster Tunnel. Zusammen mit diesem und dem Flenjatunnel gibt es 43 Kilometer Tunnel auf 51,5 Kilometer Wegstrecke.*
Am Ende des Flenjatunnel, dem letzten Tunnel unserer heutigen Fahrt bietet sich auf der linken Seite ein ganz tolles Panorama. Man sieht von oben ins Tal, erblickt den Ort Flåm der mit seinem Hafen malerisch am Fjord liegt. Jetzt geht es noch den Berg hinunter und an der nächsten Kreuzung ist schon die Abfahrt zum Campingplatz.
Flåm Camping
Hier wird uns ein Plätzchen zugewiesen, in dem ein Mitarbeiter mit dem Fahrrad vorausfährt und uns den Weg zeigt. Es ist ein ordentlicher Platz, sauber und nett eingerichtet. Es ist 18:00 Uhr als wir zum Hafen gehen. Vom CP sind es ca. 4 Minuten zu Fuß. Gleich am Hafen liegt der Bahnhof der legendären Flåmsbahn – im Moment ziemlich verlassen.
Die Flåmsbahn (norw. Flåmsbana) ist eine eingleisige normalspurige Stichstrecke der norwegischen Bergenbahn. Sie führt vom 866 m hoch gelegenen Myrdal hinunter durch das Tal Flåmsdalen nach Flåm am Aurlandsfjord (2 m über dem Meer). Seit dem 1. Januar 1998 wird die Flåmsbahn von der privaten Gesellschaft Flåm Utvikling gemeinsam mit den Norges Statsbaner betrieben. Die Bahnstrecke ist eine wichtige Touristenattraktion Westnorwegens und wird dementsprechend auch hauptsächlich von Touristen benutzt.*
Wir kaufen sofort Tickets für die Flåmbahn für morgen früh, denn auch jetzt hat der Schalter noch offen. One Way (ein Weg), denn zurück wollen und werden wir laufen!
Unser Reiseführer hat diese nette Idee und gern greifen wir sie auf. Es scheint ein netter Weg zu werden. Man kann den Weg zu Fuß hinab gehen oder sich Fahrräder mieten und den Weg ins Tal mit dem Rad zurücklegen. Die Verständigung am Schalter klappt problemlos – hier ist man Touristen aus der ganzen Welt gewohnt.
Coop
Mit den Karten in der Tasche sehen wir uns in den Souvenirläden um. Gleich am Hafen ist auch ein Coop. Die Parkplätze (am Wasser ist ein ganz großer für Reisemobile gekennzeichnet – immer geradeaus und nicht über die Brücken fahren!) sind frei, jedoch von 20:00 Uhr bis 9:00 Uhr für Campingfahrzeuge gesperrt. Lt. Reiseführer wird kontrolliert …
Wir essen bei schönem Wetter vor dem Mobil und gehen bald zu Bett. Es ist noch hell.
Ab 23:30 Uhr wird es sehr dämmerig, aber richtig dunkel – nein – dunkel wird es nicht mehr.
Unsere heutige Tour in graphischer Darstellung:
Dienstag, 09.07.2013, 7. Tag
Wir wollten ausschlafen…
Das klappt nicht, denn irgendeine innere Uhr sorgt dafür, dass das einfach nicht geht. Dabei haben wir extra erst Fahrkarten für die 11°° Uhr Fahrt genommen. Na ja, wo wir schon mal wach sind, frühstücken wir einfach. Wir können sogar draußen sitzen. Es sind ein paar Wolken aufgezogen, doch kalt ist es nicht.
die Flåmbahn
Wieder sind wir ausgerüstet mit unseren hohen Schuhen und dem gepackten Rucksack, als wir zur Bahnstation laufen. Etwa eine halbe Stunde vor der Zugabfahrt treffen wir ein und stehen in der Schlange der Wartenden. Ja! Es gibt tatsächlich 3 Reihen, die durch kleine Kunststoffkettchen abgetrennt sind. Eine Reihe ist für den vorderen Teil, die andere für den mittleren Teil und in die letzte Schlange stellt man sich, wenn man in den hinteren Teil des Zuges einsteigen möchte. Sollte jemand großen Wert darauf legen, als erster anzukommen, muss er also nach vorn ;o) Ansonsten ist es völlig egal.
Nicht ganz so egal ist es allerdings auf welcher Seite man im Zug sitzt:
Auf dem überwiegenden Teil der Strecke kann man rechts aus dem Fenster über den Fluss in das Tal sehen. Auf etwa einem Viertel der Strecke ändert es sich und der Zug überquert kurz den Fluss. Es sind an einigen Plätzen Fenster verbaut, die sich öffnen lassen. Schön, wenn man einen solchen Platz erwischt!
Die Fahrt beginnt. Es ist pünktlich 11:00 Uhr. Nach alter Manier steht der Schaffner auf dem Bahnsteig und trillert mit seiner Pfeife, um dem Zugführer das Abfahrtssignal zu signalisieren. Dabei schwenkt er eine grüne Fahne. Ein Rück geht durch den Zug und wir rollen los.
los gehts
Der Bahnhof in Flåm liegt gleich am Hafen, also starten wir bei fast 0 Höhenmetern. Gleich nach dem Bahnhof geht es in eine Kurve und der Zug ächzt, quietscht, klappert, rappelt und rumpelt das einem Angst und Bange wird. Laut ertönt der Pfiff der Lokomotive und hallt in den Bergen mehrfach wieder.
Den ersten Teil der Strecke legt der Zug ohne nennenswerten Anstieg zurück. Das wird sich bald ändern, doch nun erreichen wir schon die erste Station. Lunden. (16 m) Weiter führt uns die Fahrt nach Hårdena. (48 m) Hier stehen Bauernhöfe, die den Anschein erwecken als sehe man auf eine Modelleisenbahn. Die alten Häuser sehen so unwirklich und vor den enormen Felsen so klein aus… Die Steigung der Bahn ist noch unspektakulär, doch bis zur nächsten Station, Dalsbotn(200 m) geht es schon durch den ersten Tunnel und der Aufstieg hat begonnen. 3 weitere Tunnel folgen und wir wechseln die Seite über den Fluss, um zu der „Begegnungsstation“ Berekvam(343 m) zu kommen. Wir warten auf den Zug von Myrdal und sehen das gewaltige Tal. Plötzlich ziehen Wolken auf und an den Fenstern sieht man die ersten Regentropfen herunter laufen … ?
Der Gegenzug kommt und durch 2 Tunnel fahrend erreichen wir, nachdem die Flussseite erneut gewechselt hat Blomheller (450m).
Die Aussicht ist einfach fantastisch und jeder Tunnel ärgert einen. Hin und wieder haben die Tunnelbauer „Fenster“ offen gelassen und man kann in das Tal sehen, doch die halbe Strecke zur nächsten Station Kårldal(556 m) wird unter Tage zurückgelegt.
da können wir schon zurücksehen
Von Kårldal können wir schon einen Teil unseres Rückweges ansehen. Es ist die alte Transportstraße …
Nun geht durch den längsten Tunnel der Strecke. An dessen Ausfahrt hält der Zug. Kjosfossen(669 m). Hier ist der große Wasserfall, an dem die Kobolddamen tanzen. Nach einer Legende locken sie junge Männer in die Berge …
(also keine Gefahr für mich ?)
Wir kommen nach Reinunga (768 m) und eine Meisterleistung der norwegischen Tunnelbauer dürfen wir erleben:
Der nächste Tunnel ist eine Spirale. Wie das Gewinde einer Schraube gebaut, „schraubt“ sich der Zug nach oben zur Station Vatnahalsen (811 m). Nun folgt wieder ein unspektakulärer Teil – der letzte der Strecke – nach Myrdal (866 m). Die Fahrt dauert knapp eine Stunde. Wir haben 863,5 m Höhenunterschied, 20,2 Kilometer Wegstrecke, 20 Tunnel, 1 Brücke, 4 Wasserdurchfahrten und 8 Stationen hinter uns gebracht.
… und es regnet …
Jetzt beginnt unser Abstieg. Am Ende des Bahnhofs finden wir einen unscheinbaren Weg. Den nehmen wir. Die Fahrradverleihstation sehen wir auf der linken Seite, gehen aber mutig weiter, denn wir wollen zu Fuß durch das Flåmtal zurück zum Campingplatz laufen. Es geht ins Tal mit dem kleinen Fluss …
Es ist ein ganz fantastischer Abstieg, den wir jetzt erleben dürfen. Wir sind völlig überwältigt. Bilder können diese Eindrücke wirklich nicht wiedergeben, lasst es mich trotzdem versuchen.
Der erste Teil des Rückweges ist ein sehr steiler Abstieg, Serpentinen entlang eine Wasserfalls. Selbst für Fahrradfahrer eine Herausforderung.
ein Ziegenhof
Ein Ziegenhof kündigt sich an. 150 Ziegen hier oben in den Bergen. Das ist schön und hier machen wir die erste Rast.
Getränke und Ziegenkäse sind im Angebot. Ziegenkäse gibt es mit Brot, als Käseplatte und zum mitnehmen.
Selbstverständlich zu norwegischen Preisen!
(unser Käsebrot = zwei Scheiben Schwarzbrot geröstet, etwas Butter und 2 dünne Scheiben Ziegenkäse kostet 60,- NKR, je ein Kaffee 25,- NKR.
Das sind im Jahre 2013, bei einem Umrechnungskurs 1,00 € = 7,943 NKR . . . . . 13,85 €)
Es ist sehr, sehr lecker! Beides – Käsebrot und Kaffee. Wir sitzen im Schutz eines kleinen Hauses, den einen Gastraum gibt es gar nicht. Hier oben im Ziegenhof erfahren wir von der netten, deutsch sprechenden Bedienung das in Norwegen die zweite Fremdsprache deutsch ist. Als wir weiterziehen werden wir von den Ziegen verabschiedet, die hier am Gatter im Regen stehen.
Im zweiten Teil unseres Rückweges sind wir -norwegentypisch- einfach „Dauerüberwältigt“.
Wir sind mittlerweile fast allein auf dem Weg. Hin und wieder kommen Radfahrer vorbeigerauscht, manchmal sieht man noch Wanderer, sonst ist nur Natur um uns herum. Heute gehört zu dieser Natur Regen.
… Dauerregen …
Der dritte Teil des Weges nach Flåm beginnt in Berekvam. (die Station, wo sich die Züge begegnen) Hier kann man, wenn man möchte oder nicht mehr laufen kann wieder in den Zug steigen, denn ab hier verläuft der Rückweg komplett auf einer asphaltierten aber wenig befahrenen Straße.
Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen
Natürlich finden sich am Wegesrand die interessantesten Pflanzen. Ein paar habe ich festgehalten …
Als wir nach fünfeinhalb Stunden auf dem Campingplatz ankommen sind wir KO, aber auch stolz diesen Weg geschafft zu haben!
… warum das so lange gedauert hat? Immerhin stand im Reiseführer eine ganz andere Zeit!?!
Nun – eine Pause auf dem Ziegenhof, öfter stehen bleiben und einfach ins Tal sehen und sich an dem Anblick erfreuen. Aber auch: normal laufen und nicht rennen! Vor etwa 2 Stunden hat es aufgehört zu regnen. Unsere Sachen sind mittlerweile wieder trocken. Wie schon am Preikestolen haben wir auf Meereshöhe das beste Wetter … ☺️
… denken wir noch so und können wir vor dem Mobil Abendbrot essen
* Zitat Wikipedia